W116 – die erste S-Klasse

Mit der Mercedes Baureihe W116 war im September die erste Mercedes S-Klasse geboren. Zwar bezeichnet die Daimer-Chrysler AG heute den W108 als die erste als S-Klasse bezeichnete Oberklasse von Mercedes, allerdings war es der 116er, bei dem das Kürzel erstmals Teil der Typbezeichnung wurde. Das Design war damals völlig neu und flachte nun endgültig zu einer klaren Linienführung ab. Obwohl die jüngsten W116 bereits vollwertige Oldtimer sind, hat die S-Klasse nie den Status wie andere Mercedes vor oder nach ihr erreicht. Dennoch schrieb Mercedes-Benz mit dem W116 ebenfalls ein Stück Automobilgeschichte und zeichnete sich durch Innovationskraft aus.

Mercedes W116 S-Klasse: der Fluch des modernen Designs

Mit dem W116 hatte sich Mercedes nun endgültig vom detailverliebten Schwung in den Karosserieformen verabschiedet. Was damals einen großen Sprung nach vorne bedeutet hat, kommt bei Sammlern heute nicht so gut an. So war es bei der Mercedes Flosse genau umgekehrt: zu ihren Bauzeiten wurde sie gerade wegen der Heckflosse kritisiert, heute macht sie es zu einem der letzten echten Automobilklassiker mit Wertsteigerung. Beim 116er sollten nun plötzlich klare Linien den Ton angeben und die platte Automobilzeit wurde auch bei Mercedes eingeläutet. Betrachtet man die W116 S-Klasse heute objektiv, war es wahrscheinlich das Betreten von Designer-Neuland, was dazu führte, dass das Design unterm Strich so unspektakulär erscheint. Noch scheint man nicht in der Lage gewesen zu sein, auch ohne Schwünge, Schnörkel und Flossen ein wirklich markantes und individuelles Fahrzeug zu erschaffen.

Größer, schneller und Kraftstoffverbrauch knackig – der W116

Dafür ist aber die Technik unter der Haube des (fast) 2-Tonners umso beeindruckender. Neben dem 280er Vergaser kam der 280 SE mit hydraulisch-mechanisch gesteuerter Bosch K-Jetronic, ebenso der 350 SE. Später folgte der noch großvolumigere 450er SE und als Highlight der 450 SEL 6.9. Mit dem Sechsneuner wurde der Motor vom 600er auf nahezu 7 Liter Hubraum aufgepumpt. Zu seiner Zeit war der W116 6.9 der Pkw-Motor mit dem größten Drehmoment. Bei knapp 300 PS schaffte es das Zwei-Tonnen-Schiff auf gut 220 km/h Spitze und von null auf 100 in gut 7 Sekunden. Ab 450 SE gibt es einen Fahrausgleich, damit es beim Beschleunigen das Heck nicht zu tief in den Boden drückt. Der Spritverbrauch der großvolumigen V8-Motoren von 350er und 450er ist auch nicht ganz ohne – je nach Fahrweise sind durchaus 15 bis 20 Liter drin, was den knapp hundert Liter fassenden Tank durchaus sinnvoll erscheinen lässt. Dieser wurde übrigens auch erstmals unfallsicher über der Hinterachse verbaut.

Die neue S-Klasse W116: technisch wie immer makellos

Technisch gab es wie immer nichts zu beanstanden. Ob nun die Reihen-Sechszylinder aus den 280ern oder die großen V8, die Motoren liefen und liefen. Einzig die Automatikgetriebe konnten zu Problemen neigen, wenn sie nicht die Pflege erfuhren, die sie benötigten. Dann konnte sich schon mal der Rückwärtsgang verabschieden. Die Karosserie ist wie eh und je das anfälligste Teil der Mercedes Fahrzeuge. Typisch die Wagenheberaufnahmen, Endspitzen und Falze der Einstiege, die unteren Türfalze, die äußeren Bleche der Reserveradaufnahme im Kofferraum und die vorderen Innenkotflügel spritzwandseitig. Während bis zum 450 SEL Fahrwerk und Ausstattung weitgehend gleich ausfallen, kommt es beim 450 SEL 6.9 zu erheblichen Unterschieden, die auch eine Restaurierung erschweren, als Schlagwort sei hier das hydropneumatische Fahrwerk genannt.

W116 – Ein Oldtimer mit Wertsteigerungschancen, da noch völlig verkannt

Zur S-Klasse gab es nun erstmals den SL und den SLC quasi als kleine optische Ausgabe der S-Klasse. Beide, also Coupé und Cabriolet, sehen besonders mit Hardtop beim Cabrio zum Verwechseln ähnlich aus. Die Motorisierungen (280, 350 und 450) stimmten mit der des 116ers überein. Großartige Veränderungen gab es, abgesehen von der Umstellung von D-Jetronic zu K-Jetronic beim W116 nicht. Allerdings wurde das erste elektronische ABS 1978 als Ausstattungsoption angeboten. Das Fahrgefühl in einem 116er SE oder SEL ist durchaus eindrucksvoll. Nicht nur die Kraft der Motoren spürt der Fahrer sehr schön, vor allem hat er sehr viel Auto um sich herum. Die Preise für einen guten W116 sind inzwischen relativ hoch, aber dennoch nicht da, wo sie eigentlich sein sollten. In gewisser Weise ist der Wagen völlig verkannt. Natürlich ist das begehrteste Modell der 450 SEL 6.9, gefolgt von 350 SEL und 450 SEL mit möglichst Vollausstattung.

 

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